Mich deucht, da drinnen ist’s wie viele Kulturen.
Multikulti Clash of Civilizations.
Meine beiden letzten Stücke für die Besetzung Klavierquintett („Valse d’adieu pour la femme qui n’a jamais existé“ und „Im Kreis“), die auch in diesem Blog erschienen, gehören thematisch zusammen und nutzen die gleiche musikalische Sprache. Da lag es nahe, sie mit zwei weiteren Sätzen zu einem Klavierquintett zu verbinden. Ursprünglich wollte ich das Quintett nur auf meiner Musikseite veröffentlichen. Doch als ich mich vorhin daran machte, das Video zu erstellen, schlich sich ein, was mir heute morgen begegnet war. Und so entstanden – neben den vorhandenen – weitere Untertitel und eine Überschrift. Damit gehört’s auch hierher. Verirrte Musik.
Edit: Habe es mir gerade auf dem Smartphone angehört. Grauslich. Dort verliert es, vor allem im 3. Satz, den Charakter, Violine dominiert, Cello geht unter, … Also bitte mindestens Kopfhörer benutzen, falls sich das jemand anhören sollte.
Diese Musik ist für mein Empfinden durchaus von einer etwas unheimlichen Ausstrahlung. Unheimlich im üblichen Wortsinn, weil an allen Ecken unergründliche Tiefen lauern. Aber auch un-heimlich in dem Verstand, dass etwas Heimliches zumindest an gewissen Ecken fassbar wird und damit nicht mehr ganz so heimlich bleibt. Im ersten Satz ist für mich eine Unruhe spürbar, die vordergründig vom Cello ausgeht, das auch das Klavier immer wieder mitzureißen versteht. Die anderen Streicher geben sich nach außen zwar ruhig – aber die Unruhe ist als Spannung spürbar. Gegensätze zwar – aber doch im selben Boot. Der zweite Satz wirkt hier im Gesamtkontext wie die versuchte Vereinigung zwischen den Gegensätzen „zu schön, um wahr zu sein“ und „zu wahr, um schön zu sein.“ Der dritte Satz klingt für mich wie ein Aufbruch, der primär ein Ausbruch sein möchte. Er will nicht im kreisrunden zweiten Satz hängen bleiben, landet aber letztlich doch im Kreis des vierten Satzes. Möglicherweise ist der Aufbruch kein Ausbruch sondern lediglich ein Spurwechsel im gleichen Kreisverkehr (womit wir bei dem wären, was ich an früherer Stelle zu „Im Kreis“ gesagt habe).
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Unheimlich auch, wie zutreffend deine Analyse ist, lieber Random. In „Frag doch mal die Maus“ am Samstag wurde die Frage gestellt, was passiert, wenn eine Giftschlange sich selbst beißt. Es ist tatsächlich das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich bei einem eigenen Stück von mir unangenehm bedrängt fühlte, vor allem beim ersten Satz, aber auch beim dritten. Das ist unheimlich. Du beschreibst zum ersten Satz genau richtig, was da geschieht. Auch zu den übrigen Sätzen. Der dritte verbindet und trennt gleichzeitig in der Tat den zweiten und vierten, verwendet dieselben motivischen Keimzellen, bricht aus dem zweiten, dem Walzer, tänzerisch auf und landet doch im Kreis des vierten Satzes. Ganz lieben Dank für dein gründliches Zuhören und deine Gedanken!
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Deine Musik hat in meinen Ohren den Charakter von Filmmusik. Freilich nicht für einen bestimmten Film, im Gegenteil: es ist Musik für keinen Film, also für jenen imaginären Film, den es nicht gibt und der es zeigen würde: das Leben, wie es ist.
Deine Musik schenkt mir eine Ahnung davon und ihr Verklingen noch deutet an, wie es sein könnte, das Leben.
Das sollte niemand anhören: ich empfehle das konzentrierte Zuhören. (mit Kopf 🙂 )
LG Michael
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Das ist ein sehr großes Kompliment für mich, lieber Michael. Auf bestimmte Art und Weise zeigte mir in der Tat die Musik das Leben, wie es (für mich) ist. Randoms Gedanken und meine Antwort sagen da etwas zu, und mein Gedanke ging schließlich eher in die Richtung „Das sollte niemand anhören“ – ohne deinen zweiten Halbsatz. Etwas blockierte gestern Abend in mir, so dass ich an mich nicht mehr herankam. Heute löst es sich, und vielleicht ist es ja deine Wahrnehmung der Andeutung, wie es sein könnte, und deine Antwort durch dein Gedicht… Von Herzen meinen Dank!
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Einfach nur genial!!!
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Lieben Dank!!
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Ich gratuliere dir zu dieser Musik!!! Sie ist großartig für mich!
Man müsste sie sehr oft hören, wollte man alles mitbekommen, was da drinnen steckt. Dabei täuschen die Wiederholungen etwas ganz anderes vor. Da fällt mir vor allem auf, dass die Violinen fast durchgehend eine Melodie der Klage und Melancholie anstimmen und damit bis zum Schluss durchhalten. Das Klavier übernimmt mehr den unruhig antreibenden, manchmal auch lockenden Part. Das Cello müsste ich noch einmal anhören. Es übernimmt wohl verschiedene Rollen. Auch wenn einiges Bedrohliches zu hören ist, die Schönheit darin hebt es irgendwie auf. Liebe Grüße, Petra
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Von Herzen meinen Dank, liebe Petra!
Du hast genau und einfühlend hingehört. Viele Kulturen „da drinnen“. Und Multikulturalismus scheint koexistent neben dem Kampf der Kulturen, seien es nun die Sätze in Bezug zueinander oder sei es innerhalb der Sätze. Ich freue mich sehr über deine Worte, danke!
Liebe Grüße an dich!
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