Der Wissenschaftler betrachtet die Oberfläche der Welt,
der Künstler ihre Tiefe.
Aus meinem Gedankenbuch
Wenn ich auf dieses Jahr zurückblicke, was hat sich dann verändert in der Welt? Nun, es gibt jetzt zusammenklappbare Smartphones. Ein Krieg wurde begonnen. Wir bekommen vom Staat 300 €, um unsere Heizkosten bezahlen zu können. Wir geben 300 € für Böller aus, um es morgen in der Sylvesternacht endlich wieder krachen zu lassen.
Wenn ich – sagen wir mal, so 35 Jahre – zurückblicke, was hat sich dann verändert in der Welt? Außer, dass damals die Klamotten uns nicht die Luft zum Atmen nahmen. Haben Wissenschaftler und Künstler die Welt verbessert? Eine Antwort erübrigt sich. Es gibt mehr Klimbim. Internettaugliche Kühlschränke, Millionen von Influencern und Netflix. Ansonsten nach wie vor Kriege, Armut und Hunger, Umweltzerstörung und psychisches Elend.
Mal ehrlich, Wissenschaft und Kunst können für Einzelne etwas verändern; eine Krankheit abmindern, oder einen Denkanstoß bewirken. Aber die Welt ändern sie nicht. Sie sind letztlich wie Tand. Ja, aber könnten sie es denn, die Welt verändern? In einem nicht nur oberflächlichen Sinne?
Tiefe und Oberfläche gehören zusammen. Es gibt keinen Ozean, der keine Oberfläche hätte. Wer nur an der Oberfläche schwimmt, wird nie die Vielfalt und Schönheit unter Wasser entdecken. Wer nur in der Tiefe taucht, wird ertrinken. Wir trennen gerne die Dinge dieser Welt.
Der Wissenschaftler und der Künstler, beide sind jedenfalls gut beraten, wenn ihr Tun und Schaffen über sie selbst hinausreicht. Wenn sie nicht nur der Welt etwas hinzufügen, sondern ihre Strukturen berühren. „Das Denken verhält sich zur Wirklichkeit wie die Arbeit des Bildhauers zur Skulptur.“ – ein anderer Satz aus meinem Gedankenbuch. Wer in der Tiefe forscht, wird nicht nur Schönheit und Erbauung finden. Ein Künstler hat nicht die Aufgabe, nur Hübsches zu produzieren. Was er freilegt, gehört nicht ihm
Ach was, alles Blödsinn.
Jahresrückblick und Vorausschau. Alles ändert sich, und doch ändert sich nichts.
Uns aber, wo wir eines meinen ganz,
ist schon des andern Aufwand fühlbar. Feindschaft
ist uns das Nächste. Treten Liebende
nicht immerfort an Ränder, eins im andern,
die sich versprachen Weite, Jagd und Heimat.
Da wird für eines Augenblickes Zeichnung
ein Grund von Gegenteil bereitet, mühsam,
daß wir sie sähen; denn man ist sehr deutlich
mit uns. Wir kennen den Kontur
des Fühlens nicht: nur, was ihn formt von außen.
Rainer Maria Rilke, aus der 4. Duineser Elegie
Meine „Elegie“ ist 2021 aus einer Harmoniestudie entstanden, welche ich vor 35 Jahren während meines Kompositionsstudiums schrieb. Ich habe sie nun revidiert, von Hailys Orchester einspielen lassen und neu veröffentlicht. Die Harmoniestudie stelle ich voran, denn hier wird derselbe Inhalt auf zwei Arten erzählt, die zusammengehören. Die Elegie ist kaum mehr als ihre Orchestrierung.
Für Hartnäckige: Die alte Version mit auszugsweisen Vergleichen findet sich hier.
Ich wünsche euch einen guten Rutsch und alles Gute für das kommende Jahr.
Harmonische Studien sollten wir in unseren Gedanken wohl alle häufiger betreiben, um etwas mehr Schönheit, Ruhe und Frieden in uns selbst und somit in die Welt tragen zu können. Schön, dass diese akustischen Harmonien ihren Weg finden und eine angenehm abwechslungsreiche Atmosphäre schaffen, die uns hoffentlich auch im kommenden Jahr begleiten wird.
Dir und Haily einen guten Rutsch und alles Gute für das nächste Jahr 🌸
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Das wäre ein schöner Weg.
Ganz lieben Dank!
Auch dir einen guten Rutsch und alles Gute für das neue Jahr. Bleib so wunderbar kreativ! 🙂
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„…Und irgendwo gehn Löwen noch und wissen, solang sie herrlich sind, von keiner Ohnmacht.“ (Rilke)
Wir betrachten die Tiefe, die Oberfläche und weisen die Höhe nur allzu gerne von uns.
„…Über uns hinüber spielt dann der Engel.“ (Rilke)
Lieber Stefan, ich wünsche Dir ein neues Jahr voll Gesundheit und Frieden. Harmonische Silvesterstunden und liebe Grüße, Gisela
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Das ist wahr.
Liebe Gisela, von Herzen Danke. Auch dir Gesundheit und Frieden im neuen Jahr, und alles Gute. Komm gut rein.
Liebe Grüße an dich!
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Möge uns der innere Frieden und die Freude stets begleiten, damit wir ihn nach außen tragen und so in unserem Umfeld dafür sorgen können, dass dort das Licht über all den Kummer strahlen kann.
Ich wünsche dir und Haily alles erdenklich Gute fürs neue Jahr. 🍀🍄
Liebe Grüße zu dir Stefan. 🙂🐾
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So soll es sein. 🕯️
Lieben Dank, Nati. Auch dir alles Gute und Glück für das neue Jahr! 🍀
Liebe Grüße an dich! 🙂🐾
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Ich danke dir. 🕯🙂
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Das finde ich ganz bemerkenswert, wie die „Klangreise“ andere Eindrücke vermittelt in diesen unterschiedlichen Instrumentierungen. Ich drücke es mal bildlich aus. Die Klavierversion ist wie eine Fahrradtour, bei der man viel Spannendes mitbekommt, aber naturgemäß die Landschaft doch nicht in ihrem gesamten Reichtum erlebt. Die frühere Orchesterversion ist wie eine Wanderung, bei der man Landschaft, Fauna und Flora näher kommt und reicher erlebt. Und die neue Orchestrierung ist dieselbe Wanderung, aber inzwischen ist die Gegend zu einer Art Heimat geworden.
Für das kommende Jahr wünsche ich dir, dass vielfältige Klänge dein Herz verzaubern mögen und dass vielfältiger Zauber dein Herz zum Klingen bringt. 🙂
Mit einem herzlichen Abendgruß 🐻
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Du hast dir tatsächlich sogar die alte Version angetan, das freut mich aber! 🙂
Ganz lieben Dank für deinen schönen Kommentar! Es drückt wunderbar aus, wie Wandel und Konstanz in einem Verhältnis stehen können.
Ganz lieben Dank auch für deine Wünsche. 🙂 Das gleiche wünsche auch ich dir! Von Herzen Danke für die vielen wunderbaren Anstöße, Gedanken und Musiken in deinen eigenen Beiträgen als auch hier im Laufe des nun zu Ende gehenden Jahres. Komm gut in das neue, und alles Gute!
Liebe Grüße an dich 🙂
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Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen, auch die „historische“ Version kennenzulernen. 😀
Vielen Dank auch für deine Wünsche und das positive Echo zu meinen eigenen Beiträgen und Kommentaren. 🙂
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Der Wissenschaftler betrachtet die Oberfläche der Welt,
der Künstler ihre Tiefe.
Das kann so nicht stimmen.
Wenn ich alleine an Kepler denke…der wollte sicher wissen, was in der Tiefe am Wirken ist.
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Es ist ja nicht gemeint, was ein Einzelner vielleicht wollte…
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Auch der Künstler?! 😉
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Die Kunst sucht als Kunst nicht nach neuen Bosonen und die Wissenschaft als Wissenschaft nicht nach Schattierungen der Seele. 😉
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Wissenschaft interessiert sich schon für die neurologischen Korrelate des Empfindens und Denkens. ES kann so einen Beitrag zur Klärung, was Bewusstsein ist, leisten.
Mancher Künstler sucht nicht nach Tiefe, sondern überlegt, welche Farben denn etwa zusammenpassen.
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Ich widerspreche dir da nicht, lieber Gerhard. 🙂
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Die Wissenschaft bedient Ratio, die Kunst Emotio. Alles Liebe dir 🙏🫂
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Ozean und Oberfläche…
Ganz lieben Dank, lieber Reiner! Alles Liebe auch dir! 🙏🫂
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Es wäre schön, wenn jeder seine eigene innere Harmoniestudie machen würde und könnte. Vielleicht gäbe es dann etwas weniger Gepolter in der Welt.Einen guten Start ins neue Jahr wünsche ich dir und Haily.
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Das ist wahr, liebe Gudrun.
Lieben Dank, das wünsche ich dir auch! Alles Gute!
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