Die Ballade vom vergessenen Brief

Ich lebe in einem alten Gemäuer.
Oft ist es mir nicht geheuer,
wenn es ächzt und stöhnt,
sein Gespenst mich verhöhnt.
Doch ich lebe in diesem Gemäuer,
mit dem Schatten, dem Ungeheuer.

Manch Bauwerks schönere Fassade
dient bewundert einer Charade,
dahinter gähnt Tod und Leere,
wer weiß, was wäre,
wenn jene Fassade
mit Schuld sich belade.

Ich lebe in einem alten Gemäuer,
darin einst war des Lebens Feuer.
Auch wenn es jetzt ächzt und stöhnt,
ich mit ihm noch nicht ganz versöhnt,
so ist es mir doch lieb und teuer,
dieses alte Gemäuer.

In einer seiner Nischen ich fand
einen ungeschriebenen Brief,
und was darin stand,
war wonach ich rief,
geschrieben mit dem roten Blut
eines unschuldig Herzens Glut.

Ich lebe in einem alten Gemäuer,
in dessen Ofen brennt das Fegefeuer,
darin ächzt und stöhnt
ein Herz ungekröhnt.
Der Brief aus diesem alten Gemäuer
war mir deutlich treuer

als sie.

***

(Besser wäre wortgetreuer,
statt „als sie“ einen Reimerfreuer,
aber’s wär halt ein Wiederkäuer.
So ist’s ein Abenteuer
mit dem Gedicht vom alten Gemäuer.
Glaub‘, bald brauch ich einen Betreuer,
[sündhaft teuer,
bezahlt aus unser aller Steuer]
wegen meiner Paranoia.)

***


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8 Gedanken zu „Die Ballade vom vergessenen Brief

  1. In diesem alten Gemäuer gibt es unzählige Türen die nur darauf warten geöffnet zu werden. Um Licht und Wärme Einlass zu gewähren. Manch liebes Wesen hat es sich dort schon gemütlich eingerichtet, denn sie fürchtet das Ächzen und Stöhnen nicht. Lässt es sogar oft verstummen. Und wenn dieses alte Gemäuer sich draußen umschaut, sieht es viele andere Gemäuer die ihm wohlgesonnen zur Seite stehen, in der Straße der Liebe und Freundschaft.

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  2. „Nimm den Schatten hinfort.“

    Diese kleine musikalische Aktion hat mich mehr aufgewühlt als ich dachte. So war das nicht geplant. Deine lieben und schönen Worte erinnern mich daran, worauf ich eigentlich hinaus wollte, ist es doch ein Abschiedswalzer. Ich danke dir. ❤️

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    1. Dann lass uns diesen Walzer zusammen tanzen, bis hinaus ins warme Licht…. 💃🕺🎶
      Ich nehme dich beim Wort Stefan dass dies der Abschied ist und jetzt die Zeit für Neues heran bricht. Es liegt sich zwar warm und schön, aber man muss auch wissen wann es Zeit ist alles hinter sich zu lassen und aufrecht den Neuanfang zu wagen. 🍀
      Ganz liebe Grüße zu dir. ❤

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      1. Irgendwann gibt es keine Entschuldigung mehr.
        Aber das Herz und die Seele muss es spüren, bereit dazu zu sein.
        Dann heißt es den Schatten zu durchlaufen, fest die Sonne im Blick zu halten.
        Denn wenn man sich im Schatten zu sehr einkuschelt und daran gewöhnt, den Trost der vielen anderen Gemäuer genießt, wird es noch schwieriger den Ausgang zu finden. Den Ausgang ins Licht.
        Ich glaube an dich und deinen Mut.🍀

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