Aus der Ferne erscheint Hoffnung als Bewegung

Die Teilnahme an Blogchallenges & Co sind eigentlich nicht mein Ding. Projekte hingegen schon eher. Und als Petra Pawlofsky dieses Projekt ausrief, bewegte sich etwas in mir.

Dieser Beitrag ist also ihrem Gemeinschaftsprojekt „Zündstoff Hoffnung“ gewidmet.

***

Zündstoff Hoffnung: Eine musikalisch-symbolistische Betrachtung

Während des Spaziergangs mit meinem Hund sah ich immer wieder Petras (oben wiedergegebenes) fantastisches Bild „Zündstoff Hoffnung 1“ vor meinem inneren Auge. Hatte mir die Assoziation einen Streich gespielt, oder leuchtete es mir tatsächlich in den Regenbogenfarben? Der Regenbogen – Zeichen der Hoffnung. Ich hatte ihr zugesagt, die Projektidee auf mich wirken zu lassen, aber ich war längst darüber hinaus.

Hoffnung, so viel wurde mir klar, ist kein Gefühl. Sie ist eine Haltung, eine innere Ausrichtung. Meine Musik bestand immer darin, Gefühle und Stimmungen auszudrücken. Wie kann ich eine Musik schreiben, die keine Gefühle und Stimmungen ausdrückt, sondern eine Haltung? Neues Material musste her. Dur-Moll und die Chromatik habe ich (und haben die Hörer im allgemeinen auch) zu sehr an emotionalen Ausdruck gebunden. Liegt der Schlüssel im Regenbogen, der mir nicht aus dem Kopf geht? Wie kann ich ihn musikalisch umsetzen?

Nun, im Regenbogen ist, grob gesagt, bekanntermaßen das Licht in seine Spektralfarben zerlegt. Weißes Licht ist nicht eine Farbe sondern eine Mischung. Als Musiker weiß ich, dass es in der Klangwelt, ebenso grob gesagt, eine Entsprechung gibt: Ein Ton ist nicht ein Ton, sondern ein Klang. Er enthält Obertöne, und die Obertonreihe ist sozusagen eine Analogie zum Spektrum des Lichts. Damit war die Idee geboren.

Der dritte Versuch ihrer praktischen Umsetzung hatte mich zu einer perkussiven Instrumentation geführt. Die Wahrscheinlichkeit in ein Abgleiten in einen Gefühlsausdruck erschien mir hier am geringsten.

Aber wie ordne ich das Material, wenn ich kein Dur-Moll-Stück erstellen will, und es in einer Chromatik („Atonalität“) untergehen würde? Ich schaute hin: Aus der Obertonreihe, praktisch zumeist beschränkt auf deren ersten 16 Töne, lässt sich eine pentatonische Skala (5 Töne) und eine Ganztonskala (6 Töne) extrahieren. Die restlichen Töne der Obertonreihe können als Salz und Pfeffer dienen. Die Obertonreihe als Skala, als Modus, als Klangfeld. Die gefundenen Zahlen können auch das rhythmische Modell bilden: Quintolen (5), Sextolen (6), 16tel, und deren Teiler Triolen (3), Halbe, Viertel, Achtel. Damit hatte ich das Material, und begann das musikantische Spielen damit (denn rein konstruierte Musik ist nicht meine Welt), mischte am Anfang die pentatonische Skala und die Ganztonskala, würzte etwas, transponierte, usw., und in etwa der Mitte des Stücks und am Ende wird die Obertonreihe einmal komplett aufgereiht.

Die Hoffnung wäre damit symbolistisch über den „musikalischen Regenbogen“ umgesetzt. Doch wo ist der Zündfunke? Werde ich Petras Themenstellung gerecht? Nun, mein kleines Musikstück hat keine ruhige Stimmung. Aber Stimmungen (und Gefühle) wollte und sollte es ja auch vermeiden. Bewegt ist es geworden. Verstehe das wer will.

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37 Gedanken zu „Aus der Ferne erscheint Hoffnung als Bewegung

  1. Jetzt bin ich erst einmal überrascht und voll begeistert, wie du das Projekt „Zündstoff Hoffnung“ gleich zum Start so großartig bereicherst! Deine Gedanken sind neu für mich, der Regenbogen dafür ein ganz vertrautes Bildsymbol. Zu einem von mir gemalten Bild hat noch niemand komponiert. Ich habe umgekehrt viele Bilder zu Musik gemalt. So ist das jetzt voll spannend für mich. Was rauskommt, ierstaunt mich einerseits, aber es ist auch vertraut für mich. Wie ein Lebensfluss, der Tanz auf einem Regenbogen? Das muss sich jetzt erst mal setzen! Ich bin dir sehr dankbar, dass du das gezaubert hast! Mit einem herzlichen Abendgruß, Petra

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  2. Hallo Stefan
    Es klingt wie auf einem Xylophon gespielt.
    Hoffnungsvoll klingt es, ja positiv.
    Als steige man eine Treppe hinauf und oben erwartet einen der pure Sonnenschein oder im Zeitraffer der Wachstum einer Pflanze.
    Schön wenn eine Hunderunde dich so inspiriert.
    Liebe Abendgrüße zu dir,
    Nati

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      1. Die Instrumente stehen auch zu Anfang im Video. Lach…
        Zumindest habe ich ein gutes Gehör.
        Zum Thema Hoffnung fällt mir auch bestimmt ein Gedicht ein.
        Aber noch ein Projekt wäre mir momentan zu viel.
        Vielleicht schreibe ich es mal so…
        Ich danke dir Stefan für die abendlichen fröhlichen Klänge. 🙂🍀

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  3. Fasziniert habe ich deine Einleitung gelesen. Nun höre ich die Musik und versuche, mich da einzuschwingen. Auf mich wirkt sie ein wenig wie meine letzten farbigen Legebilder (zuletzt gezeigt als „heilige Familie“), wo die einfachen rundlichen Elemente immerfort in Bewegung bleiben und einen passenden Platz im Ganzen suchen, kindlich-harmlos-hoffnungsvoll und in scharfem Gegensatz zum Grundgefühl der Hoffnungslosigkeit, das mich zu Boden drückt, wenn ich ihm nicht bewusst entgegenwirke. – Das sind jetzt sehr persönliche Assoziationen, die dir vielleicht ganz unverständlich sind. Deine Musik klingt wie ein Gemütsaufheller in mir fort.

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  4. Das ist ein spannender und anregender Beitrag zum Zündstoff Hoffnung. Der Ton an sich wäre, musikalisch gesehen, durchaus ein hoffnungsloser Fall. Erst im Klang nimmt er eine Gestalt an, die ihm sozusagen einen Lebens-Sinn verleiht. Nun ist Hoffnung ja durchaus eine Haltung, aber als solche erst mal ein abstraktes Konzept. D.h. sie bedarf eines individuellen Ausdrucks (und damit auch der Gefühle), damit sie lebendig wirksam wird. Deine Musik ist bewegt geworden und hat damit (d)einen lebendigen Ausdruck gefunden. Deine Musik zeigt für mein Verständnis auch einen ganz wichtigen Aspekt der Hoffnung. Nämlich dass sie sich, sobald sie einen lebendigen Ausdruck findet, vervielfacht. Denn die Obertonreihe greift ganz nonchalant auch noch auf den Rhythmus über (wer hätte dergleichen zu hoffen gewagt?) und jeder verwendete Ton der Reihe wird ja in der Musik wiederum zum Klang und damit wird die Obertonreihe immer wieder neu geboren. Da zündfunkt es ja dann ganz beachtlich. 🙂

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    1. Jetzt weiß ich nicht, ob ich in meiner Übermüdung noch adäquat antworten kann. Da bringst du ja wirklich einen beachtlichen Gedanken hinein: Die Vervielfachung der Hoffnung im lebendigen Ausdruck. Damit rettest du nicht nur über mein Manko im Hinblick auf Petras Themenstellung hinweg, sondern sprichst vektoriell das Wesentliche des Themas an: Das Menschliche. ❤️ Ich danke dir herzlichst!

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  5. Hoffnung ist Bewegung aus dem Bestehenden ins Offene. Ins Gelingen verliebt, wie Ernst Bloch schrieb, und dem möglichen Scheitern ausgesetzt.
    Hoffnung sagt nicht: alles wird gut!
    Hoffnung klagt nicht: ich bin enttäuscht!
    Hoffnung bewegt (sich) ins Freie, Ungewisse…
    Hoffnung ist Bewegung.
    Deine Musik ist in der Lage, diese Erkenntnis, diese Haltung fühlbar zu machen.
    Deine Musik ist der große Übersetzer!
    LG Michael

    Gefällt 4 Personen

      1. Ohne (gehörigen) Antrieb kein gelingen.
        Ich umarme mittlerweile auch „schwächere“ Stücke.

        In der Musik werden gerade wieder Sammlungen unveröffentlichter Stücke rausgegeben.
        Es scheint, dass man oft im Nachhinein etwas in ihnen findet, dass es lohnt, sie herzuzeigen.

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  6. Lieber Stefan, erst einmal Guten Morgen und gleich eins: ich sehe in deiner Musik überhaupt kein Manko, wie du es in der Antwort an Random schreibst ! Mit dem Thema Hoffnung war sie für mich beim ersten Hören an voll verbunden! Denn Hoffnung setzt in Bewegung, gibt Impulse, kann wachsen und gedeihen lassen. Diese sich verstärkenden Impulse kommen sehr gut durch deine Musik herüber. Hoffnung kann ja auch viele Menschen auf einmal in Bewegung setzen. Diesen Eindruck habe ich beim Fortschreiten deiner Musik.
    Und ja, sie ist auch eine Haltung, Wenn du einmal fort von den Gefühlen wolltest, ist dir das hier sehr gut gelungen! Denn ich fühle mich beim Anhören hier wie in einer Landschaft (ähnlich wie mein Bild) , einer Gegegebenheit, einer Umgebung, einem Raum, der wohltut, Leben weckt und inspiriert wie die Hoffnung eben.
    Was mein Bild angeht, so habe i c h das ja gemalt. Und ich habe mit dem Regenbogen eine Geschichte, die schwer ist wiederzuzgeben. Das zu schreiben, fällt mir hier nicht leicht. Aber du hast da etwas erahnt, was für mich voll „stimmig“ ist! Chapeau! Grob vereinfacht könnte man in meinem Bild 5 Stufen nach oben sehen, vom Dunkel ins Licht nach oben. Das Licht ist auch im Dunkel vorhanden. Nur ganz wenig. Ein Funken Hoffnung? Und nach oben hin funkt’s immer mehr…Nun könntest du noch übers Bild hinaus gehen. Was fehlt noch? Für mich: der Bogen, auf die die Welt im Bild spiegelbildlich antwortet. Ich danke dir von Herzen für deine Musik! Liebe Grüße, Petra

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    1. Ich danke dir sehr, liebe Petra! Da scheint es Verbindungen zu geben, die nicht offen liegen und doch erspürt werden, als würden die Künste Archetypen ansprechen und auf diese Weise Menschen miteinander verknüpfen. Das ist faszinierend, und wohltuend. Offenbar hast du tatsächlich Funken gezündet. Ich danke dir von Herzen, für deine Worte, und für dieses Projekt!

      Ganz liebe Grüße an dich!
      Stefan

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